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Methodik der Datengewinnung und -aufbereitung

Als Vorbereitung für die Abschätzung des langjährigen Bodenabtrags mit Hilfe eines GIS und für die Modellrechnungen mit WASMOD & STOMOD ist es notwendig, die Datenebenen, die für diese Anwendungen benötigt werden, zu erstellen. Diese Arbeitsschritte, die sich im wesentlichen in die drei Teilbereiche Auswertung der Bodenschätzungsergebnisse, Ableitung der Flächennutzung und Verwendung und Interpretation eines Digitalen Höhenmodells (DHM) zur Reliefanalyse gliedern lassen, werden in diesem Kapitel erläutert.

Beschaffenheit und Bearbeitung der Bodendaten aus dem Beschrieb der Reichsbodenschätzung

Durch die Bewertung des Kulturbodens (Bodenschätzungsgesetz vom 16.10.1934) wurde neben der zahlenmäßigen Erfassung der Bodenertragsfähigkeit - mit dem Ziel einer gerechten Besteuerung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes - eine allgemeine Bodenbestandsaufnahme durchgeführt. Die Informationen der Bodenschätzung basieren auf Standorterhebungen und -bewertungen, welche im 50x50 m-Abstand rasterweise durchgeführt wurden (FLEISCHMANN et al. 1979). Sie bilden für landwirtschaftliche Nutzflächen die einzige flächendeckende und parzellenscharfe bodenkundliche Datenbasis, die verfügbar ist. In Schleswig-Holstein sind 79% der Landesfläche auf diese Weise erfaßt (CORDSEN 1993).

Die Aktualität der bodenkundlichen Datenbasis ist durch die Durchführung von Nachschätzungen gewährleistet (REICHE 1991). Aufgrund der ständig anwachsenden Nachfrage an bodenkundlichen Basisdaten, insbesondere aus der ökologisch orientierten Planung, wurden Anstrengungen unternommen, die Daten der Bodenschätzung besser zu nutzen. Ein EDV-gestütztes Verfahren, angelehnt an die Übersetzungsschlüssel von FLEISCHMANN et al. (1979) und BENNE et al. (1990), das die Auswertung automatisiert, wurde mit dem Programm REIBOTRA entwickelt (CORDSEN 1993, REICHE 1991). Die Anbindung der Datenbank an ein GIS ermöglicht die Nutzung der Daten für gebietsbezogene Modellrechnungen. Das Verfahren zur Übersetzung und Ableitung bodenphysikalischer Parameter wird im folgenden vorgestellt.

Beschaffenheit der Reichsbodenschätzungsdaten

Es kann zwischen punkt- und flächenbezogenen Daten differenziert werden.

Die flächenhafte Datengrundlage bilden die Schätzungskarten der Reichsbodenschätzung, die in den Katasterämtern der Kreise eingesehen werden können. Sie beinhalten im Gegensatz zur Deutschen Grundkarte (Maßstab 1:5000) keine Reliefinformation (z.B. Höhenlinien) und liegen zudem in unterschiedlichen Maßstäben vor. Letztere können je nach Struktur und Nutzung der dargestellten Flächen zwischen den Maßstäben 1:500 (Ortskerne, innerstädtische Bereiche) und 1:3000 (großräumig landwirtschaftlich genutzte Flächen) variieren. Diese Karten enthalten:

Die punktbezogene Datengrundlage bilden die Feldschätzungsbücher der Bodenschätzung. Sie enthalten die Beschreibungen der Aufgrabungen und Bohrungen bis zu einer Tiefe von 1 m unter Flur. Diese Dokumente der Geländebegehungen liegen in den Finanzämtern vor. An bodenkundlich auswertbaren Informationen enthalten sie Angaben über

In ihnen sind alle beprobten Standorte dokumentiert. Sie bilden die inhaltliche Grundlage für die Übersetzung der Schätzdaten in die wissenschaftliche Terminologie und die spätere Ableitung bodenphysikalischer Kennwerte.

Weiterverarbeitung der Bodenschätzungsdaten

Die Informationen der Flurkarten bzw. Schätzkarten werden in einen Plot der DGK5 des betreffenden Gebiets übertragen. Es werden sämtliche Grablöcher - auch die sog. "nicht bestimmenden" - in diesen Plot übertragen. Liegen mehrere Profilpositionen innerhalb eines Schlages und einer Klassengrenze, so wird entsprechend den Reliefverhältnissen eine zusätzliche Bodengrenze bestimmt. Anhand der Grablochnummer, des Tagesabschnitts und der Flurnummer ist die Zuordnung zwischen Bohrlöchern in der Karte und Profilbeschreibungen der Feldschätzungsbücher eindeutig. Nicht bewertete Sonderflächen in den Schätzkarten werden ebenfalls übertragen. Aus Praktikabilitätsgründen erfolgen alle übertragungen, sofern keine Deckpausen der Schätzungskarten im Maßstab 1:5000 (wie im Katasteramt Segeberg) vorliegen, approximativ. Dieses Vorgehen scheint angesichts der Lageungenauigkeit der Bodenschätzung (50 m Raster) und der Klassengrenzen, die sich meist an den Flurgrenzen orientiert und nicht an den tatsächlichen pedologischen Grenzen, gerechtfertigt. Der Lagefehler, der bei der anschließenden Digitalisierung auftritt, ist im Vergleich vernachlässigbar gering.

Abb. 4-1: Schema zur Auswertung der Bodenschätzungsdaten (aus: REICHE 1991)

Alle Bodengrenzen, die nicht mit Schlaggrenzen zusammenfallen, werden in die DGK5 digitalisiert. Diese neu hinzugekommenen "Arcs" erhalten eine gesonderte Kennung (ID). Durch die häufig schlagbezogene Bodenschätzung fallen viele Bodengrenzen mit den Nutzungsgrenzen zusammen. Durch Übernahme der bestehenden Grenzen konnte die Bildung vieler Sliver-Polygone verhindert werden (FLEISCHMANN 1992). Die Bohrlöcher werden in eine externe Punktekarte digitalisiert und verwaltet. Die Relation der Flächen zu den übersetzten Datensätzen wird über ein gemeinsames Item gewährleistet. Parzellen, die in der Bodenschätzung nicht bewertet wurden, werden als sog. Standardflächen (keine landwirtschaftliche Nutzung) ebenfalls digital aufgenommen und codiert:

Tab. 4-1: Übersicht über Standardflächen und deren Codierung

Standardfläche Codierung
Wasserfläche 999
wald- und forstwirtschaftliche Flächen 998
naturnahe Freiflächen 997
Siedlungs- und Verkehrsflächen 996
Abbauflächen, Aufschüttungen 995

Die Profilbeschreibungen werden in vollem Umfang und ohne inhaltliche Veränderung von den Feldschätzungsbüchern in das Datenbanksystem dBASE eingegeben. Zur Erleichterung steht eine Eingabemaske zur Verfügung. Es können Informationen für bis zu vier Horizonte eingegeben werden:

Tab. 4-2: Übersicht der Eingabedaten in die Bodenschätzungsdatei

Variablenname Beschreibung Variablenname Beschreibung
GEMEINDE Gemeindename ABODENGEF Einträge des Feldes Bodengefüge 1. Horizont
ORT Ortsname ABODENGEF2 Einträge des Feldes Bodengefüge Nachschätzung
FLUR Flurnames BBODENGEF Einträge des Feldes Bodengefüge 2. Horizont
TAGESABSCH Nr. des Tagesabschnitts BBODENGEF2 Einträge des Feldes Bodengefüge Nachschätzung
DATUM Datum der Erstschätzung CBODENGEF Einträge des Feldes Bodengefüge 3.Horizont
NACHSCHÄTZ Datum und Bemerkung zur Nachschätzung CBODENGEF2 Einträge des Feldes Bodengefüge Nachschätzung
NRGRABLOCH Grablochnummer DBODENGEF Einträge des Feldes Bodengefüge 4. Horizont
BESTGRABLO Nr. des bestimmenden Grabloches DBODENGEF2 Einträge des Feldes Bodengefüge Nachschätzung
KLASSE Klassenzeichen BEMERKUNG Bermerkungsfeld
ZAHL1 Bodenzahl BEMERKUNG Bemerkungsfeld
ZAHL2 Acker-/Grünlandzahl BEMERKUNG Bemerkungsfeld
BODENZAHL Bodenzal des best. Grablochs

Die einzelnen Schritte der automatisierten Übersetzung mit dem Programm REIBOTRA sind in der Abbildung 4-1 aufgezeigt. Mit Hilfe von Übersetzungsschlüsseln (BENNE et al. 1990, FLEISCHMANN et al. 1979) können Bodenart, Bodenhorizontbezeichnungen, Bodeneigenschaften und Bodentypen ermittelt werden. Das Programm REIBOTRA leitet darüber hinaus bodenphysikalische Parameter ab. Hierbei bilden die Schätztabellen der "Bodenkundlichen Kartieranleitung" (AG BODENKUNDE 1982) die Ableitungsgrundlage.

Die übersetzten Datensätze werden in einer Datenbankdatei abgespeichert und sind für Auswertungen oder Modellanwendungen nutzbar. Durch Kopplung der Bodendaten mit einem Digitalen Höhenmodell können Reliefparameter und Grundwasserflurabstand in die Übersetzung einbezogen werden. Die Trennung von Gley und Pseudogley und die Identifizierung von kolluvierten Böden und Kolluvien wird sicherer. Die Relation mit der Flächenkarte im GIS ermöglicht kartographische Ausgaben aller Bodenparameter für die bearbeiteten DGK5.

Das oberirdische Einzugsgebiet der Bornhöveder Seenkette erstreckt sich über 24 Kartenblätter der Deutschen Grundkarte 1:5000 (DGK5) (s. Abb. 4-2). Da bereits 15 Deutsche Grundkarten des Einzugsgebiets mit der benötigten Bodeninformation in digitaler Form im Fundus des Geographischen Informationssystems ARC/INFO des Projektzentrums für Ökosystemforschung verwaltet werden, konnte auf diese Daten zurückgegriffen werden. Die in der Datenbank verwalteten Bohrlochbeschreibungen wurden mit der neuesten Version des im Projekt eingesetzten Übersetzungsprogramms REIBOTRA überarbeitet.

Den übrigen 9 DGK5-Blattschnitten - in Tabelle 4-3 aufgelistet -, denen bislang Bodeninformationen fehlten, konnten diese zugeordnet und in das GIS implementiert werden. Dabei wurden nur jene Kartenabschnitte bearbeitet, die im topographischen Einzugsgebiet der Bornhöveder Seenkette liegen. Das Vorgehen entspricht dem bisher beschriebenen.

Abb. 4-2 : Übersicht über die DGK5-Blattschnitte im Einzugsgebiet der Bornhöveder Seenkette

Tab. 4-3: Auflistung der DGK5-Blätter, für die zusätzlich Bodendaten erhoben worden sind

Katasteramt DGK5-Blattschnitt
Plön Mißmaaßen
Ruhwinkel-Bockhorn
Wankendorf-Obendorf
Segeberg Scheelshof
Karkhop
Höllenhorst
Tannenkate
Trappenkamp
Trappenkamp-Ost

Die 24 Kartenblätter, die die Flächeninformationen der DGK5 (Lage und Art der Standardflächen), die zusätzlichen Bodengrenzen aus den Flur- bzw. Schätzkarten und über eine Relation zur Datenbank die übersetzten Bodendaten enthalten, bilden die Flächengrundlage für alle weiteren polygonbezogenen Arbeiten. Die Karten werden im GIS zu einer Polygonkarte zusammengelegt und als sog. Grundgeometriekarte bereitgehalten (5817 Polygone). Das Arbeitsgebiet dieser Diplomarbeit wird durch die Größe der Grundgeometriekarte vorgegeben. Alle folgenden Arbeitsschritte, Anwendungen und Auswertungen beziehen sich sofern nicht anders angemerkt auf das ca. 70.5 km2 große Gebiet, das durch die Grundgeometriekarte abgedeckt ist. Im Kartenanhang befindet sich ein Kartenplot der abgeleiteten Bodentypen für das Arbeitsgebiet.

Vergleich zwischen übersetzten und kartierten Bodenmerkmalen

Vergleiche zwischen kartierten und übersetzten Bodenparametern sind bereits häufiger angestellt worden (KASKE 1996, REICHE & SCHLEUSS 1992, SCHMOTZ mündl. Mittlg.).

Eine Auswertung der Übereinstimmung für das DGK5-Blatt Perdöl ergab relativ geringe Unterschiede bezüglich der Aussagen zum Bodensubstrat (siehe Abb. 4-3:). Wenn unterschiedliche Bodenarten ermittelt wurden, sind die Abweichungen gering (1 Bodenartenklasse). In der Tendenz wird der Tongehalt bei der Kartierung höher eingeschätzt als bei der Übersetzung (REICHE & SCHLEUSS 1992).

Abb. 4-3: Abweichung bei der Einschätzung der Bodenarten (RBS <> Kartierung) für das Blatt Perdöl (aus: REICHE & SCHLEUSS 1992)

Ein Flächenvergleich zwischen einer abgeleiteten und einer kartierten Bodenkarte, wie sie durch Flächenverschneidung in einem GIS leicht möglich ist, ist bezüglich aller zu vergleichenden Parameter problematisch, da beide Methoden eine Extrapolation von Punktdaten auf die Fläche beinhalten. Bei einem solchen Vorgehen steht zuerst das jeweilige Extrapolationsverfahren zur Diskussion. Während bei einer Bodenkartierung häufig eine Flächenabgrenzung in Anlehnung an das vorhandene Relief oder an Nutzungsgrenzen geschieht, ist die Flächendiskretisierung der Übersetzung meist an die Schlageinteilung gebunden. Beide Methoden können nicht fehlerfrei sein, da es eine flächenscharfe Abgrenzung, wie sie in Bodenkarten vollzogen wird, in der Natur selten gibt. Infolgedessen fehlt ein Qualitätsmaßstab für den Vergleich beider Methoden (KASKE 1996).

Ein Vergleich zwischen den jeweils ermittelten Bodentypen kann ebenfalls nicht als Kriterium für ein Maß der Übereinstimmung herangezogen werden. Die Subjektivität bei der taxonomischen Einteilung während einer Kartierung ist ebenso zu kritisieren, wie die festgelegte, recht unflexible Typenableitung bei REIBOTRA.

Nachteilig bei der Übersetzung der Bodenschätzungsdaten ist das Fehlen nichtlandwirtschaftlich genutzter Flächen. Diese wurden und werden im Rahmen der Bodenschätzung nicht beprobt und bewertet. Somit kann ein statistischer Vergleich zwischen Kartierung und Übersetzung nur für solche Flächen vorgenommen werden, die "sowohl in der RSB-Auswertung als auch bei der Bodenkartierung erfaßt worden sind" (REICHE & SCHLEUSS 1992, S. 250).

Aussagekräftiger kann ein Vergleich zwischen den Punktdaten sein. Besonders die Übereinstimmung der Bodenart, die letztlich die meisten Bodeneigenschaften determiniert, ist hierbei zu beurteilen. Eine Bodenkartierung wird jedoch meist unabhängig von der Lage der Bodenschätzungsgrablöcher durchgeführt, was zur Folge hat, daß nur wenige Punktepaare aus beiden Methoden vorhanden sind. KASKE (1996) verglich alle Punktdaten seiner Kartierung mit übersetzten Bodendaten, sofern die Entfernung zwischen den Punktepaaren nicht größer als 100 m bzw. die Höhendifferenz mehr als 1 m betrug und die Horizontierung der Böden vergleichbar war. Nach diesem Ausschlußverfahren konnten noch 27 Profilpaare des Blattes Schillsdorf/Altbokhorst gegenübergestellt werden. Der Vergleich der Bodenart ergab eine Tendenz der Kartierung zu schwereren Böden; 86% aller Wertepaare unterscheiden sich in höchstens einer Tongehaltsklasse (KA3) voneinander oder stimmen darin überein. Als Folge daraus ist die Abweichung zwischen den jeweils abgeleiteten Wasserhaushaltswerten ähnlich (KASKE 1996).

SCHMOTZ (mündl. Mittlg.) stellte bei einer Überprüfung von abgeleiteten Bodenparametern (Bodenart) aus den Grablöchern der Bodenschätzung eine hohe Übereinstimmung oder eine große Ähnlichkeit fest.

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