Zurück zur Übersicht


Modellerweiterung von TOPNEWP2 für die Erosionsabschätzung

Zur Unterstützung und Ermöglichung der Erosionsmodellierung ist das Programm TOPNEWP2 erheblich erweitert worden. Neben wechselnden Reliefbedingungen kann innerhalb eines Erosionshanges auch die Erodierbarkeit des Bodens (K-Faktor) oder die Bodennutzung (C-Faktor) wechseln. AUERSWALD et al. (1988) erweitern die Gleichung 7-13, um hinsichtlich K und C heterogene Hänge berechnen zu können (Gl. 7-14). Die C- und K-Werte werden an das DHM angehängt und können nun zusammen mit den Reliefdaten eingelesen und verrechnet werden.
(7-14) mit: Ki, Ci = K- bzw. C-Faktor des i-ten Teilstücks
Sedimentationsvorgänge lassen sich mit der USLE-Gleichung nicht abbilden. Durch eine vereinfachte Modellannahme zum Sedimentationsvorgang wird in TOPNEWP2 eine qualitative und quantitative Abschätzung der Sedimentation in Abhängigkeit von den jeweiligen Reliefbedingungen vorgenommen.

Sedimentationsterm
Für jede Rasterzelle eines Erosionshangs wird geprüft, in welchem Verhältnis das Gefälle der Zelle zum Gefälle des Gesamthanges steht:
Sx = 1- (7-15) mit: Sx = Hangformindex Si = Hangneigung der i-ten Zelle Sn = gemittelte Neigung Gesamthang
Wenn die Rasterneigung kleiner als die Gesamtneigung ist (Sx > 0), verflacht der aktuell betrachtete Hangabschnitt und Sedimentation setzt ein, da die Schleppkraft des Wassers abnimmt. Alle Hangbereiche, auf denen Sedimentation möglich ist, werden in einer Variablen als Sedimentationszonen codiert.
Die Akkumulationsmenge wird ebenfalls vereinfacht abgeschätzt:
Qx = (0.03 * RL + () * Sx (7-16) mit: Qx = Hanglängen-Sedimentationsfaktor RL = Rasterlänge (z.B. 12.5 m) RQ = Anzahl der vorgeschalteten Raster im Hang
Die Sedimentationsmenge ergibt sich aus dem Produkt des transportierten Bodenmaterials mit dem Hanglängen-Sedimentationsfaktors (mit Werten von 0 - 1). Die Sedimentation wird in Abhängigkeit von der Hangform (Sx) und der Schleppkraft des hangabwärts fließenden Wassers, die im Hanglängen-Sedimentationsfaktor Qx Berücksichtigung findet, formuliert. Vor einer Abflußbarriere wird das gesamte aktuell transportierte Bodenmaterial akkumuliert.

Verknüpfung von Raster- und Vektordaten zur Erosionsmodellierung

Zur Lösung der angesprochenen Problematik ist ein Lösungsansatz entwickelt worden, der durch Kopplung verschiedener Modelle die Vektordaten in die Rasterdaten integriert. Der Arbeitsablauf mit den verschiedenen Modelläufen, der zum gewünschten Ergebnis führt, wird nun skizziert.
1. In TOPNEWP2 wird das DHM ausgewertet. Teileinzugsgebiete werden festgelegt, Senken und Hänge definiert und die Raster in Gefällerichtung kaskadiert. Für jedes Raster wird die Hangneigung und Exposition bestimmt.
2. Im GIS ARC/INFO werden die TOPNEWP2-Ergebnisse weiterverarbeitet. Die TOPNEWP2-Ergebnisdatei wird zu einer Punktkarte verarbeitet. Die Daten werden anschließend zu einer Teileinzugsgebietskarte und einer Hang- und Senkenkarte vektorisiert und verschnitten. Das Produkt, die sog. Reliefkarte, wird mit der Grundgeometriekarte (Boden-Nutzungscover) zu einer KGG-Karte verschnitten (KGG) und anschließend durch Verschneidung mit der TOPNEWP2-Ergebnispunktkarte gerastert (KGGRASTER).
3. In dem FORTRAN-Programm TOPTRA wird die Abflußsituation - unter Berücksichtigung der TOPNEWP2-Ergebnisse - der KGG-Karte (KGG) untersucht. In Abhängigkeit von der vorherrschenden Fließrichtung der Raster, die innerhalb eines Polygons liegen, werden die Flächen kaskadiert. Bei diesem Schritt werden alle Arcs, die in Abflußrichtung Polygongrenzen bilden sowie alle Gewässerarcs, gekennzeichnet. Es wird bestimmt, in welchen Vorfluter-Arc das jeweilige Polygon entwässert. Zusätzlich wird die Entfernung zwischen Vorfluter und betrachtetem Flächenschwerpunkt ermittelt. Arcs, die in CASCAD als Trenn-Arcs zwischen Polygonen gekennzeichnet wurden, werden auf eine vorhanden Barriere-Funktion untersucht.
4. In dem neu formulierten FORTRAN-Programm BARR werden die gewonnenen Informationen neu organisiert, um eine Verknüpfung der Barrieren-Situation, die für die Polygonkaskadierung bekannt ist, mit den Rasterdaten (KGGRASTER) zu gewährleisten.
5. Bei einem 2. Modellauf von TOPNEWP2 können nun die Barrieren bei der Rasterkaskadierung berücksichtigt werden. Dadurch ergeben sich sowohl Veränderungen bezüglich der Hanglängen als auch modifizierte Ergebnisse bei der Kalkulation der Erosionsintensität. Die Ergebnisse können im GIS weiterverarbeitet und präsentiert werden oder in einer leistungsfähigen Datenbank ausgewertet werden.

Abb. 7-7: Modellkopplung zur Erosionsmodellierung


Mit der vorgestellten Methodik kann nun für das gesamte Arbeitsgebiet (70.55 km2) die Erosion berechnet werden. Das Verfahren sollte aufgrund der angestellten theoretischen Überlegungen Vorteile gegenüber dem reinen Rasterverfahren aufweisen. Im Kartenanhang befindet sich die Karte der langjährigen Bodenerosion durch Wasser. Neben dem Vorteil der korrekteren Berechnung des Topographiefaktors der USLE-Gleichung besteht nun die Möglichkeit, die Sedimentationsbereiche auszuweisen, die Sedimentation abzuschätzen und Sedimenteinträge in Gewässer und Gewässerteilabschnitte zu bilanzieren.
Insgesamt werden in dem Gebiet 902 t im langjährigen Mittel erodiert und sedimentiert. Bei einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 5428 ha ergibt dies einen durchschnittlichen Abtrag von 0.17 t/ha im Jahr. Bezieht man die Abtragssumme ausschließlich auf Ackerflächen (3745 ha), auf denen mit 98% der Bodenabtragsmenge der Großteil der Erosion stattfindet, errechnet sich ein langjähriger mittlerer Abtrag von 0.24 t/ha im Jahr. Auf ingesamt 971 ha wird eine Erosion > 0.1 t/ha*a berechnet. Damit sind ca. 26% der Ackerflächen, aber nur 14% der Gesamtflächen von Erosionserscheinungen betroffen. Die durchschnittlich erodierte Menge beträgt auf diesen Flächen fast 1 t/ha*a.
Auf Dauergrünlandstandorten findet so gut wie keine nennenswerte Erosion statt. Die über das ganze Jahr dichte Vegetationsdecke verhindert bei einem C-Faktor von 0.004 größere Umsätze. Weiterhin wird auf allen Standardflächen (z.B. Wälder, Siedlungen, Seen), die mit über 20% einen großen Anteil an der Gesamtfläche einnehmen, keine Erosion quantifiziert.
Die Bilanzierung der Sedimenteinträge in Gewässer erfolgt nach der Einteilung der Teileinzugsgebiete, wie sie in der Abb. 4-2 vorgenommen wurde. Der Phosphatgehalt des Oberboden wurde in Anlehnung an gedüngte Ackerstandorte (BIRKHOLZ 1991) mit 910 mg P/kg angenommen.

Tab. 7-11: Modellierter Sedimenteintrag und abgeschätzter Phosphateintrag in die Seen und Vorfluter der Bornhöveder Seenkette differenziert nach Teileinzugsgebieten

Nr. Teileinzugsgebiet Sedimenteintrag
[kg/a]
P-Eintrag
[kg/a]
I Stolpe (Stolper See) 0.000 0.000
II Wankendorf (Schierensee, Fuhlensee, Schierenseer Au) 2330.000 2.120
III Perdöler Mühle (Alte Schwentine) 2820.000 2.540
IV Belau (Belauer See) 75.000 0.070
V Schmalensee 255.000 0.230
VI Bornhöveder See 165.000 0.150
VII Bornhöved (Quellgebiet der Alten Schwentine) 0.000 0.000
außer-
halb
Vorfluter, die außerhalb des Einzugsgebietes liegen 2315.000 2.080
Summe 7960.000 7.190

Eine Validitätskontrolle ist bei der bestehenden Datenlage kaum möglich.
Für den von SCHLEUSS (1992) auf Erosions- und Sedimentationsmerkmale untersuchten Schwerpunktraum scheint die simulierte Verlagerungsintensität niedriger zu sein, als dies die Kolluvienmächtigkeiten erwarten ließen (SCHLEUSS mündl. Mittlg.). Dies kann aber auch ein Hinweis auf eine eventuell höhere Erosionsintensität in der Vergangenheit sein, in der die Kolluvien unter veränderten Relief- und Anbaubedingungen entstanden. FRÄNZLE (1982b) weist darauf hin, das Kolluviation immer eine Verflachung des Geländes zur Folge hat, wodurch die Bodenumlagerungen an Intensität einbüßen. Weiterhin muß beachtet werden, daß ein Großteil der Bodenpartikel durch Pflugerosion umgelagert wurden und werden (FRÄNZLE 1982b, HASSENPFLUG 1971, LAMP 1985).
Die berechneten Relieffaktoren, die unter Standardbedingungen der USLE eine potentielle Erosionsgefährdung bedeuten, haben ebenfalls eine höhere Intensität erwarten lassen (Abb. 7-6). Die erhebliche Verminderung der tatsächlich simulierten Abträge ist unter Modellgesichtspunkten zum einen auf die Nichtberücksichtigung der Standardflächen bei der Erosionsmodellierung, zum anderen durch die Annahme günstiger Anbaustrategien der Landwirtschaft, die im C-Faktor quantifiziert wird, zurückzuführen. Eine Erosionsmodellierung mit C-Faktoren, die ein Umpflügen des Feldes unmittelbar nach der Ernte ("offener Boden", SCHWERTMANN et al. 1987) beinhalten, würde zu erheblich höheren Abtragsraten führen. Trotzdem führt der Bedeckungs- und Bearbeitungsfaktor C zu einer Abpufferung der Reliefenergie durch erosionsmindernde Nutzung.
Die modellierten Sedimenteinträge in den Belauer See und die daran gekoppelten diffusen Stoffeinträge, sind sehr gering. Zu dieser Aussage kommen auch SCHERNEWSKI & WETZEL (1996), die den Anteil an Runoff und Erosion als sehr niedrig bemessen.
Das Rückhaltevermögens der Uferzonen des Belauer Sees gegenüber Landoberflächenabfluß wurde von JELINEK (1995) mit dem Simulationsmodell EROSION 2D untersucht. Die Schätzung des erosiven P-Eintrags ist mit ca. 0.5 kg/ha*a im Vergleich zu anderen P-Quellen gering. Der Schätzwert ist aber um ein 7faches höher als der in dieser Arbeit berechnete P-Eintrag. Dies ist dadurch zu erklären, daß JELINEK (1995) den Bedeckungsgrad der ufernahen Hangweide bei Degradation durch Überweidung in den Simulationsrechnungen kleiner 100% gesetzt hat, während in dem USLE-Modell unabhängig von einer geschädigten Bodenbedeckung ein C-Faktor von 0.004 eingesetzt wurde.

Ausblick

Die Modellierung der Bodenerosion durch die USLE-Gleichung ermöglicht die differenzierte, einzugsgebietsbezogene Bilanzierung und Bewertung dieses umweltrelevanten Prozesses. Die an den Bodentransport gekoppelte Düngemittel- und Schadstoffumlagerung kann abgeschätzt werden. Nutzungsszenarien oder veränderte Düngemittelstrategien können in ihrer Auswirkung untersucht werden. Im Zusammenhang mit einer Flurbereinigung kann das Modell vielfältig eingesetzt werden. Die Umorganisation der Schlageinteilung kann z.B. zur Hangverkürzung genutzt werden.
Um simulierte Erosionsergebnisse in Zukunft interpretierfähiger und bewertbarer zu berechnen, ist eine Validierung und eine eventuelle Kalibrierung notwendig. Mit der Einrichtung von Meßparzellen unter verschiedenen Nutzungs- und Bodenbedingungen kann die Modellqualität besser beurteilt werden. Als Alternative zur aufwendigen Messung können Modellergebnisse physikalisch-deterministischer Erosionsmodelle (z.B. OPUS) mit denen der USLE verglichen und zur Kalibrierung genutzt werden.
Durch die Bereitstellung flächenhafter Daten zur Phosphatdynamik mit Hilfe des Modells PHOSMOD ist es in Zukunft möglich, die Phosphatumlagerungen schlagbezogen zu diskretisieren und zu differenzieren. Der P-Gehalt der umgelagerten Substanz wird nicht abgeschätzt, sondern kann mit PHOSMOD berechnet werden. Darüber hinaus ist eine Trennung unterschiedlicher Phosphorfraktionen möglich.
Die Erosionsmodellierung mit der USLE liefert mittlere langjährige Abtragswerte. Das Bestreben einer differenzierteren Erosionsabschätzung geht in Richtung einer höheren zeitlichen Auflösung. Der R-Faktor wird bereits für Einzelniederschlagsereignisse berechnet und später zum Jahres-R-Wert summiert. Unter Standardbedingungen kann mittels geeigneter Messungen ein zeitlich variabler und höher aufgelöster K-Faktor gemessen werden (indirekt über den gemessenen Abtrag). Das Problem ist, geeignete Regressionen zu ermitteln, die die zeitliche Variabilität der Bodenerodibilität in Abhängigkeit von bekannten oder leicht zu bestimmenden Variablen beschreiben. MUTCHLER & CARTER (1983) ermittelten einen monatlichen K-Faktor in Abhängigkeit von der mittleren monatlichen Temperatur. YOUNG et al. (1990) formulierten ebenfalls eine Funktion zur Berechnung der zeitlichen Variabilität des K-Faktors. Für kanadische und US-amerikanische Standorte konnten sie die gemessenen K-Werte durch die "Wochen-R-Faktoren" und die Temperaturbedingungen gut abschätzen. Eine Anpassung und Kalibrierung an deutsche Standorte ist denkbar.
Zum nächsten Kapitel - Zusammenfassung -


Zurück zur Übersicht